Gesundheitliche Souveränität

Unser Wesen ist eine Mischung aus klaren und unklaren Bestandteilen. Manche Regeln und Gesetzmäßigkeiten kennen wir, andere entziehen sich unserem Verstand. Diesen Dingen liegt eine subtile Mechanik zugrunde, welche unfassbar komplex ist. Über den Weg der Bewusstseinserweiterung nähern wir uns einem Verständnis an. Allerdings besteht wenig Hoffnung, dass wir irgendwann ein Ziel zu erreichen. Das Universum ist unendlich.
Manche lösen diesen Konflikt mit einer Religion. Sie begnügen sich mit der Erkenntnis anderer und machen sich keine weiteren Gedanken darüber.

Yoga geht von beständigem Wandel aus

Yoga ist die Wissenschaft des Bewusstseins. Was heute gilt kann morgen anders sein. Jeder Augenblick ist die Offenbarung eines neuen Universums, einer neuen Zeit. Wenn etwas stehenbleibt, stirbt es ab. Das Prinzip allen Lebens liegt dem Wandel zugrunde. Und selbst die Vorstellung vom Wandel ist ein weiterer Glaubenssatz, der sich ebenfalls wandeln muss.

Inmitten dieser beständigen Bewegung gibt es ein Versprechen von Kontinuität. Es ruft in der Meditation. Es lässt dich den Arm oben halten in der Yogaübung.

Wenn alles in Frage steht und nichts mehr Bestand hat, bildet sich ein Vakuum. Dieses Vakuum entwickelt einen Sog. Dieser Sog kommt aus dir selbst und nicht von Außen.
Der Sog gibt den Dingen Sinn. Er gibt Hoffnung, wo keine Hoffnung sein kann. Er gibt Halt, wo nichts zu halten ist. Er belohnt die Disziplin und bestraft das Chaos.

Ohne Sog kommt die Krankheit

Dieser Sog gibt eine Richtung vor, er hat einen Focus, ein Ziel. Er zieht und zieht und hört nicht auf damit, solange du in dem Nullpunkt-Zustand, dem Shuniya-Zustand bleibst. Er zieht gegen die Entropie, gegen den Zerfall an. Hier kommt die Gesundheit ins Spiel. Krankheit ist eine Form von Chaos, eine Informations-Verwirrung des Körpers. In den Augenblicken der Umnachtung, wenn Drogen, Dramen oder andere Zerstreuungen den Geist vernebeln, verschwindet die Anziehungskraft. Dann merkst du nicht, in welchem unangemessenen Zustand du verweilst. Das Chaos ergreift die Macht, und manchmal lässt es dich nicht mehr los. Dann werden die Dinge zu reiner Mechanik, nicht greifbar, nur noch Möbel deiner eigenen Gedanken und Produkte des Zufalls.

Im Zweifel für den Zweifel

Zweifel ist gesund. Zweifel ist nötig, denn Zweifel ist der Anfang eines Wegs. Ohne Zweifel gibt es keine Entwicklung. Zweifel ist ein Motor der Evolution.
Warum zweifelst du nicht auch an dir selbst? Was gibt dir Gewissheit, dass dein Weltbild real ist. Woher weißt du, dass es stimmt, was du über dich selber denkst? Und über andere? Vielleicht ist es ganz anders. Vielleicht ist heute der erste Tag, an dem du erkennst, das etwas nicht stimmt. Das etwas komisch ist. Unreal. Mechanisch. So mechanisch dass es nach Öl riecht. Noch kaltem Stahl. Nach Rost. Nach knirschendem Staub.
Yoga gibt dir den Halt um zu Zweifeln. Wenn aller Zweifel verbraucht ist, bleibt das Nichts (Shuniya) zurück und haucht neues Leben in dich ein. Nicht ohne Grund löst Fieber geistige Verwirrung aus. Schmerzen trennen uns von unseren Gewissheiten. Gesundheit entsteht im Vakuum des Zentrums des Zweifels.

Souveränität

Aus diesem Grund wird Kundalini Yoga praktiziert: Das Vakuum soll in unserem Bewusstsein ankern, damit wir darauf zurückgreifen können, wenn wir es benötigen. So erschaffen wir ein namenloses Kontinuum. Wenn wir ihm einen Namen geben, verschwindet es, denn es ist im Wandel, so wie alles andere auch. Deshalb muss die Kontinuität in uns selber wachsen, durch unsere Disziplin.
In letzter Konsequenz hat die Suche im Außen keinen Sinn. Das Außen gibt es nicht, es ist Illusion, erschaffen von uns selbst, ein ganzes Universum aus Bildern und Fantasie. Nett anzusehen, aber wenn es darauf ankommt und wir danach greifen wollen, zerfließt es zwischen unseren Fingern.
Du bist der Mittelpunkt deines Universums. Für dich gibt es kein anderes. Natürlich sind da noch andere Seelen, aber die sind nicht wirklich von dir getrennt.

Das Nichts soll dein Führer sein

Das Nichts sollte dich begleiten, bis dein Ego dir vollkommen dienen kann. Werde zum Nichts. Folge dem Staub. Und der Staub wird aufwirbeln, und die Sonne wird den Staub wärmen, der Regen den Staub nässen, die Samen werden den Staub befruchten, und der Staub wird zu Leben werden, und die Kraft wird in ihm pulsieren, wie durch alles Lebendige.
Nutze das Yoga um das Nichts zu fühlen, um es zu erkennen, um es zu halten. Nutze diese Erkenntnis, um deine Ziele zu erreichen und um Gesund zu bleiben. Das ist gesundheitliche Souveränität.

Das Yoga, die Brücke zum Nichts

Diese Technik ist alt. Sie kam durch große Anstrengungen bis hierher, vor unsere Tür. Du kannst deine Hand nach ihr ausstrecken, weil zahlreiche Menschen dafür gelitten haben. Sie haben die Technik durch die Zeit getragen, viele haben dafür große Opfer gebracht, damit du jetzt nach ihr greifen kannst.

Die Brücke ist offen. Jeder kann sie gehen. Manchen wird schwindelig, oben auf der Brücke. Einige kehren ihr wieder den Rücken. Diejenigen aber, die bleiben, wird die Brücke zu ihrem Ziel führen, jedem zu seinen kleinen und großen Ziel, was immer das auch sein mag. Sobald die Brücke überschritten ist, stürzt sie hinter dir wieder ein.