Venus Mudra

Im Kundalini Yoga gibt es keine Einweihung. Dadurch sind Hierarchien, wie sie in anderen spirituellen Traditionen bekannt ist, aufgehoben. Es gibt niemanden, der einem den Zugang zum Kundalini Yoga öffnen oder streitig machen kann. Die Technologie hängt wie ein reifer Apfel am Baum, sie muss lediglich gepflückt werden.
Die Selbsteinweihung ist kein beliebiger Prozess. Damit es funktioniert, müssen Regeln eingehalten werden. Dabei gibt es keine Abkürzungen, Begünstigungen oder irgendeine Form von Sonderbehandlungen. Demut und Hingabe sind eine wichtige Voraussetzung, damit die Übertragung funktioniert.
Aus alten Schriften wissen wir, dass Yoga und Schamanismus gemeinsame Wurzeln haben. Die damit verbundene Macht wird in den zweitausend Jahre alten Sutras des Patanjali im 4. Kapitel beschrieben. Die Verlockung der besonderen Kräfte, die durch Yoga freigesetzt werden können, verhindern die Selbsteinweihung. Es ist wichtig, den Fokus auf den Dienst an anderen, die Selbstreinigung und den Überwinden von Negativität zu richten. Der Wunsch, besondere Kräfte entwickeln zu wollen, verhindert den Yoga-Prozess.

Die Weitergabe des eigenen Wissens und der eigenen Erfahrungen sind untrennbar mit der eigenen Bewusstseinsentwicklung verknüpft. Deshalb wird im Kundalini Yoga ein starker Fokus auf die Yogalehrer-Ausbildung gelegt. „Wenn du etwas meistern willst, unterrichte es.“ (Yogi Bhajan)
Damit verbunden ist die Erkenntnis, dass kein Mensch über (oder unter) einem anderen steht. LehrerInnen zeichnen sich nicht dadurch aus, dass sie anderen überlegen sind. Ihre Größe erreichen sie dadurch, dass sie andere befreien. Die Qualität eines Lehrers erkennst du dem Fortschritt ihrer Schüler.

Die SchülerInnen genießen eine Reihe von Vorrechten. Sie suchen sich ihre LehrerIn aus, nicht umgekehrt. Sie beenden das Lehrer-Schüler-Verhältnis wieder, wann immer sie wollen. YogaschülerInnen ist fast alles erlaubt, was ihrem eigenen Prozess dient. Sie dürfen über die Stränge schlagen. Sie dürfen persönlichen Dramen und Trips ausleben.
Für die LehrerIn sind diese Dramen uninteressant, sie gibt ihnen keine Aufmerksamkeit. Sie lässt sie zu und beobachtet die Tendenz dahinter, ohne aktiv einzugreifen. SchülerInnen werden nicht geführt und nicht gesteuert. Die LehrerIn dient dem Bewusstsein der Schüler, damit diese die bestmögliche Erfahrung machen können. Sie helfen ihnen dabei, ihren Widerstand zu brechen. Sie stärken den Schüler indem sie sein Level der Erlaubnis erhöht und neue Möglichkeiten eröffnet.

LehrerInnen halten ihre Schüler wach. Sie reparieren die Kabel, ohne darauf zu achten, wie diese verdrahtet sind. Dahinter steht die Vorstellung, dass das Schicksal eine Bedeutung hat, die für individuelle Erkenntnisse notwendig sind. Jeder Mensch hat ein Recht auf sein eigenes Schicksal.

LehrerInnen wirken durch ihr Beispiel, ihre Ruhe, Ausgeglichenheit und Ausstrahlung. Sie symbolisieren das höhere Selbst des Schülers. Je persönlicher die LehrerInnen sind, desto schlechter unterrichten sie und desto mehr werden sie von ihren SchülerInnen geliebt. Die Tiefe und Breite der Liebe ist kein Gradmesser für einen erfolgreichen oder erfolglosen Entwicklungsprozess. Gefühle sind das Schmieröl im Getriebe. Es brauch ein bisschen davon, damit die Mechanik funktioniert. Wenn ausreichend Öl da ist, laufen die Maschinen rund. Bei zu viel Öl gerät das System außer Kontrolle.

Im Prozess des Yogaunterrichtens verschränken sich die Psychen in der Gruppe miteinander („The mind is interlocked into the group“). Mit Hilfe des Venus-Mudra (Siehe Bild) ist es möglich, die Verbindung zwischen dem Lehrer und der Gruppe zu verstehen. Ein Lehrer predigt nicht und hält keine Reden, um den Fluss in die Gruppe nicht zu gefährden. Sie beobachtet, hält aus und lässt zu, das ist ausreichend.
Durch diesen engen unpersönlichen Austausch in der Lehrer-Schüler-Beziehung wiegt jeglicher Missbrauch durch den Yogalehrer besonders schwer. Lehrer müssen hier besonders sensibel sein, damit sich keine versteckte Agenda oder persönliche Trips einschleichen. Je höher du steigst, desto demütiger solltest du sein.

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„Sämtliche Probleme im Leben basieren auf Angst.“ Yogi Bhajan

1992 und 1993 hat Yogi Bhajan 22 Vorträge zum Thema Angst gehalten und dabei die grundlegendsten Ängste des Menschen identifiziert. Für jede einzelne Angst hat er eine Übungsreihe unterrichtet.

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