Im Zuge der weltweiten gesellschaftlichen Veränderungen, die das Wassermann-Zeitalter und die neuen Technologien mit sich bringen, verändert sich auch der Zustand der Religionen.
Die großen Weltreligionen machen schon seit langem einen Öffnungsprozess durch, der weiter voranschreitet. Diese Öffnung führt zu starken Gegenbewegungen. Viele Menschen vermissen den Halt, der Ihnen das Gruppenbewusstsein einer klar sich abgrenzenden Religion bietet. Durch eine Reanimierung eines rigiden religiösen Wertekanon wird versucht, der Moderne zu entfliehen.
Einige gehen dabei so weit, dass sie Gewalt gegen Andersgläubige propagieren und praktizieren.
Die Abgrenzung von anderen Lebenswegen erschafft eine Atempause im Anpassungsdruck des Informationszeitalters. In einer Zeit, in der alle Strukturen offen gelegt werden und sich niemand vor seinen Schwächen verstecken kann, sind nach Außen abgegrenzte Gruppen sehr attraktiv. Anstatt aufs eigene zu schauen, wird das andere abgelehnt.
Bei den großen Religionen kommt hinzu, dass die mystischen religiösen Elemente zur Betäubung des eigenen Bewusstseins eingesetzt werden können. Die eigene Weltanschauung wird zu einem „Trip“. Dieser Zustand ist vergleichbar mit einem Drogen-Trip, nur das die Droge keine Substanz sondern ein vital-energetisches Phänomen ist. Durch spirituelle Techniken wie intensives Beten oder permanentes Rezitieren bestimmter Textstellen in heiligen Büchern, werden Teile das Gehirn in ein Muster eingebrannt. Anschließend kann das Erlebnis von Einheit und Ganzheit mit einfachsten mentalen Mitteln immer wieder neu – wie eine Droge – erzeugt werden.
Besonders in Extremsituationen, in denen Gefahr für das eigene Leben besteht, wird die Religion zu einem besonderen Kick. Dieser verhindert, dass die Todesangst negative Folgen in der Psyche hinterlässt, wie beispielsweise Posttraumatische Belastungsstörungen.
Im Kundalini Yoga können verwandte Techniken (z.B. Jappa-Maditationen) genutzt werden, allerdings unter anderen Vorzeichen. Die Einwirkungen auf das Gehirn dienen hier der Öffnung des eigenen Bewusstseins und dem Zulassen von Realität. Die eigentliche meditative Praxis ist dabei nur der Türöffner für einen langwierigeren Prozess aus Manifestation, Reinigung und Synchronisation.
Entsprechend geschult können Menschen in Extremsituationen ruhig und effektiv bleiben. Todesangst wird von einem erfahrenen Meditierenden weitaus besser verarbeitet als von einem Menschen ohne Meditationserfahrung. Ab einem gewissen meditativen Erfahrungsgrad ist eine entsprechende Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod obligatorisch.
Für westliche Soldaten, die in Afghanistan kämpfen wäre Kundalini Yoga eine ideale Vorbereitung auf den Einsatz im Kriegsgebiet. Sie wären dann genauso wie ihre Gegner von den Taliban gegen die sich ausbreitenden Posttraumatischen Belastungsstörungen geschützt.
Ob Kick oder Trip, religiöser Fanatismus passt nicht in die Moderne. Das Informationszeitalter hat kein Mitleid mit Sektierern. Der freie Informationsfluss erreicht jeden Menschen. Auch wenn einige sich davon nicht in ihrer Abgeschlossenheit heilen lassen, so sind sie doch gehemmt und ihrer vitalen Kraft eingeschränkt, sobald sie sich anderen Menschen oder der Gesellschaft stellen. Der Glaube an die Überlegenheit der eigenen Religion erzeugt keinerlei Resonanz. Die Betroffenen haben früher oder später „ausprojeziert“. Übrig bleibt ein individueller Trip, ohne Folgen für den Rest der Welt.
Deshalb werden Religionen von den meisten Menschen aus rein rationalen Gründen weiter verfolgt. Instrumentalisierung von Religionen wird aus politischen Gründen praktiziert. Die Religion wird benutzt, um die Menschen in unzeitgemäße gesellschaftliche Strukturen zu binden, sei es auf finanziellen Gründen oder aus Gründen der eigenen Machterhaltung.
Der Zeitgeist weist auch hier in eine andere Richtung. Religiöser Fanatismus ist lediglich eine Reaktion auf eine Entwicklung, die unumkehrbar ist. Die großen Weltreligionen wandeln sich von gruppenbindenden zu individuellen Anschauungssystemen. Sie richten ihr Augenmerk zunehmend vertikal aus – von unten nach oben und umgekehrt – und weniger horizontal – auf die Auswirkung des Umfeldes ausgerichtet. Dadurch verlieren die Religionen ihre bisherige gesellschaftliche und politische Bedeutung.
Mehr und mehr Menschen fühlen sich nicht mehr mit den religiösen Institutionen verbunden. Stattdessen entwickeln sie eine persönliche Beziehung zu Gott – die eine eigene Interpretation über religiöse Regeln und Gebote mit einbezieht.
Sie fühlen sich nur noch Gott –oder was auch immer sie für eine höhere spirituelle Instanz halten – verpflichtet. Dadurch werden sie auf sich selber zurückgeworfen, und müssen in sich selbst ihre moralischen Vorstellungen entwickeln. Dies ist viel schwieriger, als Gebote von außen anzunehmen, aber es macht gleichzeitig resistent gegenüber Gruppenzwang und Manipulation.
Der von der institutionellen Religion befreite Mensch ist auf eine neue Art fanatisch. Er ist mit sich selber im Kontakt und folgt seinen eigenen Regeln – auch wenn diese manchmal bei seinem Umfeld anecken. Er ist unabhängig und unkontrollierbar, und dies mit Haut und Haaren. Je tiefer er in sich selber verwurzelt ist, desto weniger kann ihn von außen anhaben. Dadurch wird der moderne religiöse Mensch zu einem Hort der evolutionären Entwicklung des Menschen. Künstlerische und intellektuelle Fähigkeiten können ohne lähmende Konventionen einen Ausdruck finden. Gruppen- oder Schwarmintelligenz ersetzen autoritäre Strukturen und dominante Führungspersönlichkeiten. Ein interessantes Beispiel dieser Entwicklung ist das Sikh Dharma der Westlichen Hemisphäre.
Das Informationszeitalter ist tendenziell ein Ort tiefer Einsamkeit – zumindest in seinen Anfängen. Wenn alte Bindungen und Seilschaften verloren gehen fällt die soziale Orientierung schwer. Später lernt der befreite Mensch, wie sich Gruppenstrukturen alleine aus der Kraft des eigenen Willens formen können ohne dass dafür eine gemeinsame Identität nötig ist. Andere Menschen fühlen sich angezogen, weil sie sich in einer ähnlichen Phase oder Stufe ihrer Entwicklung befinden.
Menschen brauchen Gruppen um zu wachsen. Wenn religiöse oder – was noch schneller passiert – nationale Bindungen wegbrechen, bleibt bei vielen eine Angst zurück. Mit Hilfe von spirituell-energetischen Techniken wie Yoga und Meditation kann dieser Angst besser begegnet werden, da die Verwurzelung an die eigenen Kraft beschleunigt wird.