Haare und Natürlichkeit
Das freie Fließen der Kräfte ist eine wichtiges Element in der Yoga-Praxis. Dazu gehört auch, sich die Haare wachsen zu lassen.
Die Kraft der Haare wird im alten Testament beschrieben und spielt in vielen religiösen und spirituellen Kulturen eine Rolle. Im Altertum mussten Sklaven und Diener als Symbol ihrer untergeordneten Stellung ihre Haare abschneiden. Haare und Bart symbolisieren in vielen Sagen und Bräuchen eine ursprüngliche und natürliche Kraft. Im Sikhismus – eine Religion aus Indien – wurde die Empfehlung, das Haar vollständig wachsen zu lassen, aus alten Yoga-Quellen übernommen. Für viele Menschen in der heutigen Zeit ist die Körperbehaarung allerdings eher lästig.
Auf den menschlichen Körper übertragen symbolisiert der Haarwuchs die vitale Energie des Menschen, die frei und ungehindert fließen (wachsen) will. Jedes Haar ist ein Teil des Wahrnehmungssystems und direkt mit dem Nervensystem verbunden. Die Haare abzuschneiden bedeutet, den Fluss der Wahrnehmung zu unterbrechen und in die natürliche Balance des Körpers einzugreifen. Jedes abgeschnittene Haar ist eine
Begrenzung des eigenen Potentials.
Die Haare unter den Achseln sind ein neuralgischer Punkt für das Nervensystem und gelten als der „Auspuff“ des Gehirns. Neben dem ungehinderten Haarwuchs ist es auch besser, diese Körperstelle nur mit Wasser und Seife zu waschen, und die Poren nicht mit Deodorant zu verkleben.
Die Haare an den Beinen und Unterleib unterstützen die Erdung des Körpers. Diese und alle restlichen Haare sind für das Wahrnehmungssystem des Körpers von Bedeutung. Die eigene Selbstwahrnehmung ist davon abhängig, dass die Haare funktionsfähig bleiben.
Es ist denkbar, dass die Rasur von Bein- oder Schambehaarung das körpereigenen Informationssystems negativ beeinflusst.
Das Schneiden der Haare ist nicht wirklich ein Unglück, sie wachsen ja schnell wieder nach. Es symbolisiert eine bestimmte Einstellung dem eigenen Körper gegenüber. Dieser soll an die gegenwärtigen Moden oder Umstände angepasst werden, anstatt die Umstände an die Bedürfnisse des Körpers anzupassen. Die Entfremdung vom eigenen Körper und dem natürlichen Fluss des Lebens findet hier ihren Ausdruck.
Dies ist ein weiteres Beispiel, wie körperliche Weisheit durch Unwissenheit, Unachtsamkeit oder zweifelhafte Einflüsse von außen eingeschränkt wird. Zusammen mit den vielen anderen »Errungenschaften« der modernen Industriegesellschaften ergibt sich folgendes Bild: Die Menschen haben sich ihrer natürlichen inneren Ressourcen beraubt. Sie sind damit zurechtgekommen, weil es mit einer Vermehrung des äußeren Reichtums einher ging, das diesen Verlust kompensiert hat.
Jetzt ändert sich die Situation. Die äußeren Ressourcen verringern sich und stehen als Kompensation nicht länger zur Verfügung. Der Planet ist an seinem Limit angekommen. Dies führt zu einer noch größeren Verunsicherung.
Kundalini Yoga wurde für die jetzige Situation entwickelt. Mit Hilfe dieser Methoden ist ein evolutionärer Entwicklungsschub denkbar, der die moderne Technik mit den energetischspirituellen Wurzeln des Menschen in Einklang zu bringen vermag.